Jagdliche Tradition und weidmännische Brauchtumspflege der Gegenwart

Das jagdliche Brauchtum beschreibt die traditionellen Verhaltensweisen und Gepflogenheiten im Jagdwesen und ist für die ausübenden Weidmänner bereits zur Gewohnheit geworden. Jedoch sollte die jagdliche Tradition keinesfalls mit der Weidgerechtigkeit verwechselt oder gar darauf reduziert werden. Denn diese stellt einen Ehrenkodex für Jäger dar und hat aber auch eine gewisse rechtliche Bedeutung. Nachstehend seien nun jagdliche Traditionen –wenn gleich auch schon zum gewohnten Umgang in der Weidmannszunft mutiert –angeführt:

Die Jägersprache und die jagdliche Begrüßung von Jägern

Die Pflege und Verwendung der Jägersprache als Standes- und Fachsprache ist unter Jägern allgemein üblich und gilt als Selbstverständlichkeit. Anwesenden Nicht-Jägern gegenüber sollte sie tunlichst vermieden werden, damit nicht der Eindruck einer unangebrachten gesellschaftlichen Abgrenzung entsteht. Jäger begrüßen und verabschieden sich gegenseitig mit „Weidmannsheil“. Mit „Weidmannsdank“ antwortet der Jäger, wenn das „Weidmannsheil“ als Glückwunsch zur Beute verwendet wird. Ebenso antwortet der Jäger grundsätzlich mit „Weidmannsdank“ auf das "Weidmannsheil" eines Nichtjägers. Ebenfalls als weidmännischer Gruß gilt der Ausdruck „Guten Anblick“.

Die jagdliche Bekleidung

Zur Jagd und bei repräsentativen Zusammenkünften trägt der Jäger jagdliche Bekleidung und einen Hut. Sind an diesem jagdliche Trophäen befestigt ist es selbstverständlich, dass sie von selbst erlegtem Wild stammen, da man sich nicht mit „fremden Federn“ schmückt. Üblicherweise trägt der zeitgemäße Jäger bei der Jagdausübung eine Bekleidung, die sich mehr an praktischen Forderungen als am Brauchtum orientiert. So hat der traditionelle Loden gegenüber moderner Funktionskleidung an Bedeutung verloren. Bei Gesellschaftsjagden wird aus Sicherheitsgründen Warnkleidung oder zumindest eine Warnweste getragen. Jagdliche Tarnkleidung mit ihrem Ursprung vor allem in den USA ist bei jüngeren Jägern inzwischen verbreitet. Sie wird jedoch von vielen älteren Jägern abgelehnt, da sie gegenüber Nicht-Jägern einen militärisch-negativen Eindruck zu vermitteln vermag.

Jagdhornsignale und Jägerlieder

Meist werden zu Beginn einer gemeinsamen Jagd die Signale "Sammeln der Jäger" und „Begrüßung“ geblasen. Während der Jagd Signale mit dem Jagdhorn zu blasen, verliert immer mehr an Bedeutung, denn Mobiltelefone und Funkgeräte übernehmen vermehrt die Kommunikationsaufgabe. Am Ende einer Gesellschaftsjagd wird die Strecke mit den „Totsignalen" für die entsprechenden Wildarten sowie „Jagd vorbei -Halali" verblasen. Der Übergang zum Schüsseltrieb, also dem gemütlichen Teil der Gesellschaftsjagd erfolgt auf das Jagdhornsignal „Zum Essen“. Jagdmusik und Jägerlieder werden vor allem bei Schüsseltrieben und zu Jägerabenden geblasen und gesungen.

Die Bruchzeichen

Die Bruchzeichen finden ihre Verwendung als traditionelles Mitteilungsmittel unter Jägern. Die Deutung dieser Bruchzeichen sind jedem weidmännischen Standard-Ausbildungsmittel (z.B. dem „Leitbruch“, „Steirischer Lehrprinz“) zu entnehmen. Wenn der Jagdherr oder der Pirschführer einem erfolgreichen Schützen den Beutebruch überreicht, wird dieser auf dem Hut oder der Klinge des Jagdmessers übergeben und vom Empfänger an seinen Hut gesteckt. War für die Auffindung des Stückes eine Nachsuche mit Hund erforderlich, so ist es üblich, dass nicht der Pirschführer sondern der Hundeführer dem Erleger den Beutebruch überreicht. Der Hundeführer bringt dann einen Teil dieses Bruches an der Schweißleine seines Hundes an. Während der Beutebruch an der rechten Hutseite angebracht wird, wird der bei feierlichen Anlässen getragene Standesbruch an der linken Hutseite angebracht. Bei Jägerbegräbnissen wird der Standesbruch mit der matten Nadelblattseite nach außen getragen.

Verhalten gegenüber erlegtem Wild

Ein Stück Wild soll vom Jäger nicht nur als handwerklich sauber erlegtes Tier angesehen werden, das im rechtlichen Sinn nicht mehr nur als Sache gilt, sondern er soll sich seiner Verantwortung bewusst sein, dass er über Leben entschieden hat. Dabei soll das Bewusstsein, ein wertvolles Lebensmittel zu versorgen stets im Vordergrund stehen. Bei „roten Arbeit“, also dem Aufbrechen bzw. Ausweiden des Tieres gibt es ebenfalls Brauchtumsrituale, die aber heute nur noch insofern befolgt werden, wo sie nicht aus Gründen der Lebensmittelhygiene zu verwerfen sind. Besonders bei Gesellschaftsjagden erfolgt die Ehrung des Wildes durch die Streckenlegung. Dabei wird das Wild in bestimmter Reihenfolge jeweils auf die rechte Körperseite gelegt. Jedes erlegte Tier erhält einen Bruch –also den „Letzten Bissen“– meist in Form eines Fichtenzweiges. Der Streckenplatz wird üblicherweise mit Feuern oder Fackeln beleuchtet und alle Jagdbeteiligten sind anwesend. Nach Bekanntgabe der Strecke wird jede Wildart mit einem „Totsignal“ auf dem/den Jagdhorn/Jagdhörnern verblasen und dem/den Erleger/Erlegern wird vom Jagdleiter mit „Weidmannsheil“ der „Beutebruch“ überreicht.

Schüsseltreiben und Jagdgericht

Zum Ende einer Gesellschaftsjagd, insbesondere nach einer Treibjagd erfolgt ein gemeinsames Essen der Jäger, Treiber und Hundeführer – der sogenannte Schüsseltrieb. Hierbei wird oft ein Jagdgericht einberufen, das Jäger, Treiber und Hundeführer, die gegen jagdliche Gepflogenheiten oder gegen das Brauchtum verstoßen haben, „bestraft“. Die Strafen bestehen meist aus Getränkerunden und harmlosen Späßen. Körperliche Strafen, wie Schläge mit dem Jagdstock oder dem Weidblatt auf das entblößte Hinterteil sind nicht mehr üblich. Das Jagdgericht kann auch Ehrungen für vorbildliches Verhalten vornehmen. Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen hingegen ist nicht Gegenstand der Verhandlung. Abseits der Strafen werden anlässlich des Schüsseltriebes Gegenstände, wie beispielsweise das Jagdmesser auch genutzt, um Jungjäger durch den „Schlag zum Jäger“ in den Kreis der Jägerschaft aufzunehmen.

Hubertusfeier – Erntedank der Jäger

Die traditionell abgehaltenen Hubertusfeiern werden als Erntedank in der Jagd meistens in Form von Andachten und Messen in Verbindung mit einer Streckenlegung und einem abschließenden Schüsseltrieb abgehalten. Die Ursprünge der Hubertusmesse lagen in Frankreich und Belgien, wo sich im Laufe des 19. Jahrhunderts eine spezielle Liturgie entwickelt hat. Dabei steht die Hubertusmesse im engen Zusammenhang mit den sich verändernden Erscheinungen des Jahreskreises. Sie wird auch sehr oft im herbstlichen Wald aufgeführt, der durch sein prächtig gefärbtes Laub, die Ernte der Früchte und die Jagd geprägt ist. Wenn die Hubertusmesse in einer Kirche stattfindet, wird diese meist mit Utensilien aus Wald und Flur geschmückt und die Jäger bringen ihre Hörner zum Gottesdienst mit. In den weitaus meisten Fällen handelt es sich heute bei einer Feier der Hubertusmesse nicht um eine Heilige Messe, sondern um einen ökumenischen Wortgottesdienst. Mit der erstmals im letzten Jahr stattgefundenen Jägerwallfahrt zur Basilika von Seckau und der damit in Verbindung stehenden Hubertusfeier setzten die Murtaler Jäger neue Maßstäbe im Bemühen, das Weidwerk in all seinen Facetten einer breiten Öffentlichkeit näher zu bringen.

Jägerrecht

Das Jägerrecht ist ein sehr alter Brauch, der sich aus der Naturalentlohnung des Berufsjägers entwickelt hat. Genießbare Teile des Wildkörpers gehörten als Entlohnungsanteil zu seinem monatlichen Einkommen. Das „Große Jägerrecht“ als Naturalentlohnung des Berufsjägers ist heute nicht mehr üblich. Je nach Dienstvertrag werden heute dem Berufsjäger eventuell Deputatstücke zuerkannt. Beim Jägerrecht wird in das „Jägerrecht des Erlegers“ (Trophäen des erlegten Stückes), das „Kleine Jägerrecht“ (Geräusch und Inselt für jenen, der die „rote Arbeit“ erledigt hat) und in das „Große Jägerrecht“ (besteht aus dem „Kleinen Jägerrecht“, Haupt ohne Trophäe, Vorschlag, Mehrbraten und Decke) unterschieden.

Jägerlatein

Das umgangssprachlich bekannte Jägerlatein umfasst Geschichten und Erzählungen, deren Inhalt zwar denkbar ist, aber nicht immer ganz stimmt. Sie haben witzigen, anekdotenhaften Charakter, dürfen aber niemals eine Lüge sein. Die Unwahrheit muss erkennbar bleiben. (Beispiel: Drei Jäger sitzen im Wirtshaus und erzählen von ihren Jagden. Der erste: „Ich hab mal ein Wildschwein geschossen, das war so schwer, dass drei Traktoren nötig waren, um es zu berge.“ Da sagt der zweite: „Ich habe einmal einen so großen Hirsch erlegt, dass die Bäume um ihn herum geschlagen werden mussten, bevor man ihn abtransportieren konnte.“ Darauf der dritte: „Das ist noch gar nichts! Ich habe mal einen Silberreiher geschossen und auf einmal stiegen 150 Leute aus!“ …).

Aberglauben

Der jagdliche Aberglaube spielt nach wie vor eine gewisse Rolle. Als Beispiel hierfür wäre anzuführen, dass eine gerade Anzahl von Patronen zur Jagd mitgenommen, sicher dafür sorgt, keinen Beuteerfolg zu haben. Auch die Erlegung weißen Wildes soll für den Schützen großes Unglück bringen. Das geht so weit, dass der Erleger innerhalb eines Jahres sterben würde, mindestens aber sieben Jahre vom Jagdpech verfolgt sein würde…

 
ISN-Merkblatt Afrikanische Schweinepest

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